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.«Der Mann zog die Augenbrauen hoch.»Wann war das ge-nau?«»Vor etwa zwanzig Minuten.«Er schaute zur Uhr und schüttelte den Kopf.»Da bin ichsicher.In der Zeit ist er hier nicht vorbeigekommen.«»Danke!« Paula machte sofort kehrt und ging in das Ge-schäft mit den Steinen, in dem sie mit Manuel auch schongewesen war.Dort hatte er sich lange nicht entscheiden kön-nen zwischen einem Tigerauge und einem Labradorit.DieInhaberin hatte ihm geduldig alle Kostbarkeiten aufgezähltund zur Begutachtung vorgelegt: Amethyst, Rosa Quarz,Achatscheiben, Armbänder, Jadetiere, Ringe, Glücksgeodenfür einen Euro, Specksteinelefanten, Trommelsteine und ebenLabradorit und Tigerauge.Schließlich hatte Manuel doch ge-wählt und Paula glücklich den Labradorit vor die Nase gehal-ten.Sie war vor ihm in die Hocke gegangen, hatte ihn gerührtin die Arme geschlossen und seinen Geruch eingeatmet, eineMischung aus Pfefferminze und warmer Milch.Dabei hattesie einen kurzen Moment lang ein wehmütiges Ziehen ge-spürt, eine vage Sehnsucht tief in ihrem Innern.Jetzt arbeitete ihr Hirn bereits fieberhaft verschiedene Ent-führungsszenarien durch.Sandra und ihr Sohn könnten beob-achtet worden sein.Manuel könnte auch in irgendeinen Ladengegangen sein, wo ihm der Inhaber etwas Leckeres anbot, umihn in einen hinteren Raum zu locken.Sie hoffte inständig,dass sie ihren Neffen endlich in dem Steineladen finden wür-de, aber auch dort war er nicht.Ratlos stand sie auf der Straße und sog tief die kühle Mor-genluft ein, atmete dann bewusst aus und ging ein paarSchritte.Sie musste sich beruhigen, sie durfte die Gedankengar nicht denken, die immer heftiger in ihren Schläfen häm-merten.Verflucht, schrie sie innerlich, was ist das für eineverdammte Scheiße?Wie betäubt blieb Paula stehen und rief sich innerlichselbst zur Ordnung.Ich bin Polizistin und trainiert auf solcheSituationen! Ich muss kühl und systematisch vorgehen!Dann setzte sie sich mit entschlossenen Schritten in Be-wegung: Im Amadeus-Hotel, das direkt neben einem Ero-tik-Shop lag, fragte sie an der Rezeption nach.Anschließendging sie zum Adenauerplatz und erkundigte sich an dergegenüberliegenden Taxi-Haltestelle.Auch dort hatte nie-mand einen kleinen blonden Jungen gesehen, ebenso wenigwie in dem schicken Kosmetiksalon.Der Kinderladen »toki-poki« war ihre nächste Anlaufstelle.Sie hatte Manuel dort dieblaue Schirmmütze gekauft, die er unbedingt haben wollte.Als sie ihn eine Minute später enttäuscht wieder verließ, be-merkte sie, wie feucht ihre Hände waren.Schnell folgte sie weiter der Sybelstraße und legte anTempo zu in Richtung Kantstraße.Plötzlich traf es sie wie einkleiner Elektroschlag: die Tankstelle! Manuel kannte sie.Erhatte sogar neulich irgendetwas darüber gesagt, und sie warnicht weit entfernt vom Spielplatz! Paula blieb stehen undsuchte mit den Augen jeden Meter auf dem Gelände derTankstelle ab.Ein Radfahrer bremste scharf, klingelte undschimpfte, weil sie ihm im Weg stand.Sie ging bis zu denTanksäulen, lief dann um das Gebäude herum und befragteden Mann an der Kasse.Fehlanzeige.Ihre Hoffnung war nun der Spielplatz in der Mommsen.Erhatte auf der linken Seite ein eingegittertes Spielfeld mit ro-tem Gummiboden.Paula öffnete das grün-gelbe Tor »Zwergenspaß für alle« und ging zu einer blauen Bank, aufder drei Mütter saßen, die ihren Kindern beim Bolzen zusa-hen.»Haben Sie zufällig einen kleinen blonden Jungen miteinem roten Rucksack gesehen?«Die Mütter sahen sie vorwurfsvoll an.Sie wissen alsonicht, wo Ihr Kind ist, konnte sie in ihrem Gesicht lesen.Indiesem Moment wurde Paula klar, was sie erwartete.Sandrawar beim Yoga, und sie hatte die Verantwortung für Manuelübernommen! Wäre doch bloß dieser blöde Anruf nicht ge-kommen! Oder hätte sie das Kind nicht allein auf die Straßegehen lassen! Warum nur hatte sie nicht anders gehandelt?Die Mutter links sagte barsch: »Nein, der war hier nicht.«Manuel ist verschwunden.Sandra, ich weiß auch nicht,was ich machen soll.Ich habe überall nach ihm gesucht.DeinKind ist weg! Paula spürte eine immer stärker werdende Panikvor dieser Begegnung mit ihrer Schwester in sich aufsteigen.»Den hätten wir gesehen«, sagte die Frau, die in der Mittesaß, etwas milder.»So ein Kind ohne erwachsene Begleitungwäre uns aufgefallen.«»Mit einem roten Rucksack?«, fragte die Mutter rechts.Umständlich kramte sie einen grünen Apfel aus ihrer Tascheund biss hinein.»Nein, leider nicht.«»Danke.« Verzweifelt und mit großen Schritten ging Paulazu der grauen Ritterburg mit dem roten Dach, bückte sich undkroch hinein.Sie ging in die Hocke und lauschte, in derHoffnung, plötzlich Manuels Stimme zu hören: Paula, wasmachst du denn da? Ich suche dich schon überall!Mit kreideweißem Gesicht ging sie zurück zu Enrico insRestaurant und schilderte ihm die Situation.Zusammen mitihm Luca sollte in der Restaurantküche bei einem der Ange-stellten bleiben klapperte sie die Geschäfte ab, in denen siezuletzt mit Manuel gewesen war die Bäckerei auf demAdenauerplatz, den Eissalon, die Buchhandlung mit demschönen Namen »Wunschbuch«, den Zeitungsladen, der Tagund Nacht geöffnet hatte.Nichts.Niemand hatte den kleinen blonden Jungen gese-hen.»Das gibt s doch nicht«, knurrte Enrico.Endlich entschied Paula sich, in der Keithstraße anzurufen.Sie sagte, sie käme später, ihr Neffe Manuel sei nicht auf-findbar.»Was heißt nicht auffindbar?«, fragte Herbert.»Ist erweggelaufen? «»Er sollte vor der Haustür auf mich warten, ich wollte ihnzu seinem Freund Luca bringen.Jetzt ist er verschwunden.Ichmuss ihn unbedingt finden, bevor Sandra nach Hausekommt.«»Ist er vielleicht alleine los und hat sich auf dem Weg zuseinem Freund verlaufen?«»Er ist die Strecke schon mal mit Sandra zusammen ge-gangen«, sagte Paula.»Da hätte er sicher wieder hingefun-den.«»Hm«, sagte Herbert.»Soll ich eine Streife schicken?«»Warte damit noch ein bisschen, ich suche erst mit Enri-co.«»Wer ist Enrico?«»Das ist Lucas Vater.Der Restaurantbesitzer.«»Sag Bescheid, wenn ihr ihn gefunden habt oder wenn duHilfe brauchst«, bot er an.Paula bedankte sich.»Manolo ist schlau.Er ist vielleicht einen anderen Weggegangen, und wir haben ihn verpasst
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